Der Ultimate Leitfaden zur Degustation von Bean to Bar Schokolade

Neue Schokoladen mit Freunden und Familie zu probieren ist eine unserer Lieblingsaktivitäten. Vor allem mit Leuten, die noch gar nicht in der Materie Ursprungsschokolade oder Bean to Bar stecken, macht es Spaß die Eigenheiten einzelner Varietäten und Regionen zu präsentieren. Das Feedback ist immer überwältigend positiv und deswegen verbreiten wir gerne und oft das Evangelium der Kakaobohne unter Freunden und Familie. Eine Schokoladenverkostung eignet sich also prima, um die eigenen Bekanntschaften in das Thema einzuführen oder um einfach zusammen wahnsinnig leckere Schokolade zu probieren.
Die Auswahl der richtigen Bean to Bar Schokoladen
Bevor mit dem Verkosten angefangen wird, müssen natürlich bestimmte Schokoladen für den Anlass ausgesucht werden. Da es eine unglaubliche Anzahl an Auswahlmöglichkeiten gibt, steht man schnell vor der bekannten Qual der Wahl. Um die Auswahl für Anfänger und Einsteiger einfacher zu gestalten, kommt jetzt gleich einmal unsere Hardliner-Meinung: Lass weiße Schokolade, Milchschokolade, Schokolade unter 60% Kakaoanteil und jene mit Fokus auf den beigefügten Köstlichkeiten (wie etwas Zimtwaffel-Himbeerstrudel mit geräucherten Macadamia) einfach bei Seite und konzentriere dich auf dunkle Schokolade zwischen 60% und 85% Kakaoanteil. Schließlich geht es ja darum den Geschmack des Kakaos zu erfahren und nicht ums Snacken – das wäre dann eine andere Angelegenheit. Zudem musst du dir keine Sorgen machen, dass zum Beispiel Veganer dies und Allergiker das nicht essen können.

Für Einsteiger empfiehlt es sich dunkle Schokoladen um die 70% mit geringer Adstringenz, geringer Bitterkeit und milder Säure auszusuchen. Vor allem sind Geschmacksprofile mit blumigen Noten, dunklen Früchten, Rahm, vegetabilen Aromen und schokoladigem Geschmack dafür sehr gut geeignet. Was die Anzahl an Tafeln für eine Verkostung angeht sind 5 bis 6 Schokoladen ein gutes Pensum.
Das Schönste bei einer Verkostung ist meist die Abwechslung, also zu erfahren, dass unterschiedliche Kakaos sehr unterschiedliche Geschmacksprofile haben. Ein Westafrikanischer Amelonado, welcher für uns Europäer der Inbegriff des klassischen Schokoladengeschmacks ist, schmeckt einfach komplett anders, als der hell-fruchtige, südamerikanischen Piura Blanco oder der gewürzbetonte Trinitarios Südostasiens. Der Rahmen für die Auswahl liegt ganz bei dir: was findest du interessant, was klingt für dich probierenswert, welche Kakaoregion findest du klasse?
Die nächste Frage, die sich stellt betrifft das Budget: Wie viel gebe ich aus? Bean to Bar Schokolade kostet um die 6€ pro Tafel, um einfach einmal eine Hausnummer zu nennen. Fantastische oder seltene Bean to Bar Schokoladen liegen um die 8€ bis 9€. Weiter nach oben geht es preislich natürlich immer. Es gibt aber auch gute Hersteller, wie zum Beispiel Zotter, Original Beans oder Willie’s Cacao, welche Bean to Bar-Schokoladen um die 4€ anbieten. Zu den Themen haben wir auch bereits einige Artikel:
- zum Artikel Den Preis wert? 5 Elite-Schokoladen im Test
- zum Artikel 6 fantastische Bean to Bar-Schokoladen für unter 5€
Expertenvorschläge für Bean to Bar Verkostungen
Wir haben auch schon ein paar Anregungen für verschieden Verkostungen gesammelt. Gut geeignet für Einsteiger*innen haben wir dabei auf runde Geschmacksprofile mit geringer Bitterkeit, wenig Adstringenz, milder Säure und deutlichen Aromen gesetzt. Deiner Fantasie sind jedoch bei der Zusammenstellung keine Grenzen gesetzt: Lass dich ganz von deinen Vorlieben und Interessen leiten.
Verkostung 1 – Rund um den Globus
Diese erste Variante ist sehr ähnlich unserer Box ‚Schokoladenverkostung für Einsteiger‘. Da Schokolade auf dem gesamten Globus zwischen ungefähr 20°N und 20°S gedeihen kann, gibt es mehrere Kontinente zur Auswahl. Zum Einstieg eignet sich eine hochprozentige Schokolade aus Afrika zu nehmen, um sich auf einen vertrauten Geschmack einzugrooven. Von da aus geht es dann aber ziemlich zügig in neue Geschmacksregionen, die für Einsteiger weniger bekannt sind. Alles in allem eine kurze und runde Verkostung mit breitem Geschmacksspektrum.
Afrikanischer Amelonado | z.B. Zotter – São Tomé 75% | ca. 4€
Chuncho aus Peru | z.B. Perú Puro – Chuncho Gold 70% | ca. 9€
Komplexer Kakao aus Mittelamerika | z.B. Georgia Ramon – Honduras 70% | ca. 6€
Gewürzbetonter Kakao aus Südostasien | z.B. Auro – Tupi 70% | ca. 6€
Verkostung 2 – Viel Geschmack für’s Budget
Man kann zwar ein kleines Vermögen für eine Schokoladensammlung ausgeben, aber um richtige leckere und faire Bean To Bar Schokolade zu verkosten reicht schon ein Budget von circa 16€. Wer sich noch nicht ganz sicher ist, ob das Thema Bean to Bar interessant ist kann mit diesen Schokoladen die Reise für den kleinen Taler antreten.
Westafrikanischer Amelonado | Original Beans – Virunga 70%, ca. 4€
Mittelamerikanischer Kakao | Zotter – Panama 72%, ca. 4€
Südamerikanischer Piura Blanco | Chocolate Tree – Piura Peru 70%, 3,20€ (40g)
Gewürzbetonter Kakao Südostasien | Krakakoa – Sumatra 70%, ca. 5€
Verkostung 3 – Criollo, Forastero, Trinitario & Nacional
In dieser Verkostung geht es darum, die Unterschiede der historischen Kakaogruppen zu erschmecken. Criollo, Forastero und Trinitario sind zwar veraltete Unterteilungen, um Kakaobäume zu klassifizieren, jedoch dienen diese Begriffe vor allem für Einsteiger einer ganz groben Orientierung. Criollo meint historisch den alten Kakao der Maya und Azteken und ist vor allem noch in Venezuela anzutreffen, Forastero wurde verwendet, um allen Südamerikanischen Kakao und den Massenkakao Afrikas zu beschreiben und Trinitario bezeichnet Hybrid aus beiden Baumgruppen. Nichtsdestotrotz sind Kakaos aus diesen historischen Gruppen extrem unterschiedlich und die Unterschiede für Einsteiger super interessant.
- Zum Artikel Den Preis wert? 5 Elite-Schokoladen im Test
Forastero aus Brasilien | z.B. Åkesson’s – Fazenda Sempre 70% | ca. 5,50€
Criollo* aus Venezuela | z.B. Chocolaterie A. Morin – Porcelana* 70% | ca. 7,50€
Hispaniola-Trinitario | z.B. Standout – Cap-Haitien 70% | ca. 7,50€
Arriba Nacional aus Ecuador | z.B. Conexíon – Medium Roast 70% | ca. 6€
*Criollo kann man auch gegen einen guten Acriollado, d.h. eine Criollo-Kreuzung, austauschen, wie zum Beispiel Chuao (A. Morin – Chuao, ca. 5,50€). Da Criollo oft einen unaufregenden Geschmack aufweist, eignet sich für Einsteiger der Chuao besser.
➤ Auf der Suche nach interessanten Geschmacksnoten? Hier geht’s zum Artikel Außergewöhnliche Aromen in Schokolade
Verkostung – Vorbereitung ist da A und O
Es eignet sich, bei der Verkostung mit der höchstprozentigen Schokolade anzufangen und sich dann ‚runter‘ zu kosten. Dadurch stellt sich der Geschmack auf die herbere Schokolade ein und die darauffolgenden Schokoladen schmecken danach wesentlich milder. Für Beginner ist es auch immer gut mit einem Afrikanischem Amelonado/Forastero anzufangen, um eine Grundlinie für den Geschmack zu geben – also dem bereits vertrautem Kakaogeschmack Afrikanischer Schokolade.
Den Gaumen neutralisieren – Wasser und Säure
Zwischen den Schokoladen reicht Wasser oder Sprudelwasser, um den Geschmack zu neutralisieren. Adstringenz, also das pelzige Mundgefühl, lässt sich gut mit Fruchtsäure beheben. Ein Spritzer Zitrone im Wasser oder ein Stück saurer Apfel eignen sich da hervorragend.
Snacks sind natürlich überall und immer willkommen. Schokolade passt zu ziemlich allem, also musst du dir keine Sorgen machen, welche Knabbereien und Kleinigkeiten jetzt genau zu deiner Verkostung passen. Nüsse, Beeren, Weintrauben oder Cracker: Hauptsache der Snack lenkt nicht zu sehr vom Hauptevent ab.
Wenn du es etwas schicker magst, kannst du natürlich auch Wein zu deiner Verkostung reichen. Wir empfehlen bei leichten Weißweinen zu bleiben, da die enthaltene Säure die Adstringenz und einen eventuell bitteren Nachgeschmack der Schokolade auflöst. Die Tannine der Rotweine hingegen verstärken nur das pelzige Mundgefühl.
Wissen ist Macht – Hintergrundwissen ist Muss
Für jede Verkostung ist das Wichtigste natürlich: die Hintergrundgeschichte. Als Gastgeber*in solltest du wissen, welche Schokoladen du anbietest. Das heißt also Region, Kakaobaumsorte, Geschmacksprofil und eventuell den historischen Hintergrund. Die meisten Bean to Bar-Schokoladen haben diese Informationen im ‘Klappentext’, also innen oder außen auf der Verpackung. Generell gilt: je mehr du über eine Region, Baumsorte, Geschichte und Verarbeitung erzählen kannst, desto interessanter ist die ganze Angelegenheit der Verkostung. Es lohnt sich sogar einen Zettel oder auch kleine Karteikarten mit den Basisfakten dabei zu haben.
➤ Welche Kakaobaumsorten gibt es? Erfahre es in diesem Artikel!
Beim Mitschreiben des geschmacklichen Eindrucks scheiden sich die Geister. Einigen gefällt es die Geschmacksnoten und Aromen der einzelnen Schokoladen auf Notizzetteln aufzuschreiben, für andere ist es überflüssig. Da es bei Verkostungen zumeist um persönliche Eindrücke und dem Spaß am Kosten geht (und nicht etwa darum einen wissenschaftlichen Konsens zu bilden), lassen wir die Notizblöcke bei Verkostungen mit Freunden und Familie meist weg. Wenn wir jedoch selbst neue Schokoladen kosten und bewerten, wird alles akribisch in Schoko-Tagebüchern oder Excel-Tabellen zusammengefasst.
Geschmacksübersicht
Wenn deine Teilnehmer*innen Novizen in Sachen Verkostung sind empfiehlt es sich eine Übersicht von Geschmacksprofilen bereitzustellen. Eine meiner liebsten Zitate ist:
„Schokolade ist nur einer von vielen Geschmäckern, die Schokolade entfalten kann.“
Uncommon Cacao

Es gibt Dutzende, wenn nicht sogar Hunderte Geschmackskomponenten, Aromen und Nuancen. Viele davon sind wohlklingend und lecker, es gibt jedoch auch Fehlnoten – ähnlich wie beim Wein. Es macht aber nicht nur Spaß die fruchtigen Unterschiede von Chuncho- und Piura Blanco-Kakao zu herauszuschmecken, sondern auch die konkreten Bittergeschmäcker von Massenkakao zu analysieren. Hilfreich ist dabei oft ein Geschmacksrad, welches die verschiedenen Geschmacksnoten ordnet und im besten Fall farblich unterscheidet. Denn Grün zum Beispiel assoziieren wir oft mit vegetabilen und kräuterigen Aromen, während Gelb oft mit Zitrus und tropischen Früchten verbunden wird.
➤ Noch ein Tipp: Hier geht es zum Artikel Schokolade richtig lagern.
Wie du Bean to Bar Schokolade professionell verkostest
Der Moment ist gekommen. Du hast die Tafeln ausgesucht, die Hintergründe recherchiert, dein Geschmacksrad am Start, Zitronenwasser bereitgestellt und verteilst Stücke der ersten Tafel an begeisterte Teilnehmer*innen. Ab jetzt dreht sich alles um das kleine Stück Ursprungsschokolade und die Aufmerksamkeit, welche ihr diesem entgegenbringt. Schokolade kann nämlich mit allen fünf Sinnen genossen werden, vom Geräusch des Brechens der Schokolade bis hin zum verweilenden Nachgeschmack – dem Finish.
Das Aussehen
Nimm dir doch kurz Zeit die Farbe der Schokolade zu bewundern. Schokolade ist zwar meisten braun, aber gerade die Unterschiede der Farbtöne können dir bereits vieles mitteilen. So sind zum Beispiel Criollo und Albinokakaos auch bei hochprozentigen Schokoladen auffallend hell und wirken wie Milchschokolade. Schokolade reich an Gerb- und Bitterstoffen haben hingegen meist einen sehr dunklen Farbton.
Der Geruch
Viele Aromen lassen sich bereits mit der Nase ertasten, weshalb das Riechen bei der Verkostung definitiv dazugehört. Flüchtige Aromen, wie zum Beispiel blumige und würzige Akzente treten beim Riechen in den Vordergrund. Aber auch vegetabile, rauchige und Röstaromen lassen sich erriechen, während die klassischen Geschmäcker wie salzig, bitter und azide ausbleiben. Vor allem aromatische Komponenten entfalten sich besonders gut in der Nase. Es ist durchaus nicht selten bereits einen Großteil des Geschmacksprofils durch das Riechen zu xxx. Beim Riechen gilt, viel hilft viel. Bring die Schokolade ruhig nahe zur Nase, wie du es bei einem Glas Wein machen würdest und scheue dich nicht sehr tief einzuatmen. Das Ziel ist es schließlich sehr viele Duftmölekule durch den Riechapparat gleiten zu lassen.
Geschmack
Schokolade wird bei Raumtemperatur genossen und entfaltet den optimalen Geschmack im Mund bei annähernd Körpertemperatur. Daher ist es wichtig die Schokolade sehr langsam zu genießen, damit das Aroma Zeit hat sich zu entfalten. Nachdem das Stück Schokolade in den Mund gewandert ist, warte ein paar Sekunden, damit die Schokolade schmelzen kann und zerkaue nur wenig und langsam. Nun kann die Schokolade durch den gesamten Mund wandern, über die gesamte Zunge und hin Wange. Teile diesen wichtigen Schritt deinen Teilnehmer*innen gerne kurz vor dem Kosten mit. Denn mehr als einmal haben wir bereits mit großen Augen ungläubig gestaunt, wie ein großes Stück kostbarer alter Criollo in zwei Sekunden zerkaut und verschluckt wurde.
Nicht alle Aromen lassen sich zur gleichen Zeit wahrnehmen – einige kommen in den ersten Sekunden, während andere erst beim kompletten Zerschmelzen erscheinen. Meist lassen sich ganze bestimmte Phasen erkennen. Es kann also durchaus sein, dass du zum Beispiel zuerst fruchtige Zitrusnoten schmeckst, etwas später röstige und schokoladige Aromen und dann ein paar vegetabile Noten.
Ist das Stück aufgegessen entfaltet sich der Nachgeschmack. Das sind meist die schweren Noten wie zum Beispiel intensiv schokoladig, malzig und nussig. Je nach Schokolade kann der Nachgeschmack lange nachklingen oder auch kaum erkennbar sein. Bei einigen Schokoladen bleiben oft bittere Geschmacksnoten und Adstringenz für lange Zeit fühlbar. Adstringenz ist das Zusammenziehen der Muskeln im Mund und beschreibt auch das pelzige Mundgefühl, welches sich zum Beispiel auch bei trockenem Rotwein einstellt.
Die verschiedenen Aromen der Schokolade
Nach einem ersten Eindruck lohnt es sich die Schokolade noch ein- bis zweimal mehr zu genießen. Denn nicht alles lässt sich im ersten Anlauf erkennen. Tausche Eindrücke noch während des Kostens in deiner Gruppe. Denn häufig findet jemand eine genaue Bezeichnung für ein Aroma und dann macht es auch bei anderen ‚klick‘. Beachte jedoch, dass nicht jede*r Teilnehmer*in das Gleiche schmecken wird wie du – denn unser Geschmacksempfinden variiert von Person zu Peron.
Textur
Schokolade hat je nach Herstellungsart verschiedene Texturen. Die meisten Schokoladentafeln sind conchiert, um eine cremige und samtig-weiche Textur zu schaffen. Es gibt jedoch auch Tafeln, welche im ‚mexikanischen Stil‘ eine eher raue und dadurch knusprige Struktur aufweisen. Diese sind bei gleichem Zuckeranteil wesentlich süßer und entfalten ihr Aroma wesentlich schneller. Der Geschmack verflüchtigt sich bei diesen Tafeln jedoch auch schneller.
Einige Tafeln die mit zugesetzter Kakaobutter arbeiten (aber auch Schokoladen, welche aus den zwei Zutaten Kakaobohnen und Zucker bestehen) können am Anfang etwas schmierig wirken und können eine Art Fettgeschmack haben. Dieser legt sich aber meist schnell und danach entfaltet sich das Aromabouquet.
Lust bekommen Bean to Bar-Schokoladen zu verkosten?
Mit diesem Leitfaden kannst du jetzt ruhigen Gewissens jederzeit Freunde, Familie und neue Bekanntschaften in die Welt der Edelschokoladen einführen. Du wirst sehen, dass auch Beginner oft Aromen herausschmecken, die du vielleicht noch nicht entdeckt, beziehungsweise noch nicht in genaue Worte gefasst hast.
Im Xóco Klub stellen wir mit Leidenschaft die Schokoladen zahlreicher Kakaosorten, Ursprungsregionen und Handwerkshersteller vor. Dort findest du auch Bean to Bar-Schokoladenverkostung für Einsteiger und eine Verkostung für Fortgeschrittene ? Schau doch mal vorbei!

➤ zu den Schokoladenboxen im Xóco Klub