Die Geschichte des Kakaos | Amerikas, Karibik, Afrika & Asien

Kakaoplantage Schokolade Plantage Kakao auf der Insel Grenada Gemälde Geschichte

Die Geschichte des Kakaos ist die weltweite Erfolgsstory einer Pflanze mit reichhaltiger Kultur und Biodiversität. Die Pflanze, aus der später Schokolade entstehen sollte, wurde durch Handel, Tradition und Ausbeutung zu einer der begehrtesten Früchte für den Konsumhandel. Wir gehen in dieser Zeitleiste durch die Verbreitung der Kakaopflanze und wie sie wann wo angekommen ist.

KAPITEL 1: ERSTE KULTIVIERUNG UND DIE SPEISE DER GÖTTER

> 1 Million Jahre v.Chr.

Kakao Schokolade Geschichte Ursprung Peru Südamerika Anden Amazonas

Das Quellgebiet des Amazonas-Bassins in den Östlichen Anden in Südamerika gilt als Ursprungsgebiet der Pflanze – genauer gesagt liegt dort das primäre Zentrum der Diversität der Kakaopflanze. Denn dort haben sich die Hauptformen der Bäume mit vielen unterschiedlichen morphologischen Eigenschaften und Genotypen herausgebildet. Die Pflanze Theobroma cacao, eine der Ältesten der Gattung, entstand schon vor ungefähr 10 Millionen Jahren, als die Anden noch nicht die heutige Höhe erreicht haben – was erklärt, warum Kakaobäume ursprünglich auf beiden Seiten der Anden vorkommen. Bereits vor der Kultivierung durch Menschen erreichte die Pflanze eine große Diversität mit einer Vielfalt an Eigenschaften und Genen, wodurch bereits mehrere Unterformen mit unterschiedlichen Früchten und Geschmäckern entstanden. Nagetiere, Vögel und Primaten essen das süße und weiche Fruchtfleisch der reifen Früchte und verteilen so die Kerne der Bäume im Regenwald.

3300 v.Chr.

Mayo-Chinchipe Keramik Schokolade Kakao Kultivierung Theobroma Cacao

Steingutvasen der Mayo-Chinchipe-Kultur

Die Kakaopflanze wurde zuerst in ihrem Ursprungsgebiet in Südamerika östlich der Anden domestiziert – und das, so geht man von aus, ausschließlich wegen des wohlschmeckenden Fruchtfleisches. Aus dem Fruchtfleisch, welches natürlich und ohne Zugabe von Hefen fermentiert, wurde auch ein alkoholhaltiges Getränk hergestellt, welches maßgeblich zur Kultivierung der Pflanze beigetragen hat. Nachgewiesen ist eine Kultivierung bereits durch die Mayo-Chinchipe-Kultur im heutigen Ecuador.

1800-1400 v.Chr.

Über Handelsrouten gelangten die begehrten Kakaobäume von Südamerika in die Barra-Region, die Pazifische Seite Südmexikos und Guatemalas. Hier ist wahrscheinlich der Prozess der Samenverarbeitung entstanden, bei welchem die die Bohnen samt Fruchtfleisch fermentiert, sonnengetrocknet und geröstet werden.

1500-400 v. Chr.

Olmeken Kopf Statue Kakao Schokolade Kultivierung Theobroma Cacao

Kolossale Kopfstatue der Olmeken im Museo de Antropología de Xalapa in Mexiko

Die Kakaopflanzen und die Technik der Samenverarbeitung gelangten von der Barra-Region aus über den Isthmus von Tehuantepec an die Atlantikseite Mittelamerikas ins heutige Honduras. Zu dieser Zeit wurde bereits das Wort kakawa für die Bohnen und Pflanze mitgetragen und der Kakaobaum verbreitete sich unter den Olmeken in Veracruz und Tabasco in Südmexiko. Die Olmeken waren einer der ersten Hochkulturen Mittelamerikas und erbauten ihr Zentrum, die erste Stadt Mittelamerikas, San Lorenzo.

250-900 n. Chr.

Maya Kakao Maya Schokolade Kodex Kultivierung

Maya-Kodex: Götter schneiden in ihre Ohren und bluten in die Kakaoschoten

Im klassischen Zeitalter der Maya wurden Kakaobäume mit großem Eifer kultiviert – Kakao galt bereits als das Getränk der Götter und Speise der Herrschenden und der Baum cacahuaquchtl wurde als Geschenk der Götter verehrt. Die gerösteten Kakaobohnen wurden zu einer Paste verarbeitet und mit Wasser, Chili und Maismehl vermischt und als warmes Getränk genossen. Bereits unter den Maya wurde Kakao als Währung benutzt und auf der Yukatan-Halbinsel wird im großen Stil Kakao in den Tieflandwäldern angebaut. Den Kakao holten die Maya aus den Regenwäldern, wo der verwilderte Kakao natürlich wächst. Es gab nachweislich Kontakt und Handel mit Kakao zwischen zwischen den Maya und den Tainos, einem Arawak-Volk auf Kuba, sowie mit den Quechua in Südamerika. Die Maya kultivierten bereits Sorten für den besten Geschmack; fruchtig und hell mochten sie ihren Kakao. Die Elite hatte sogar Kakaobäume in eigenen Kakaogärten, in welchen mit verschiedenen Sorten experimentiert wurde.

900-1100

Die Tolteken, eine mesoamerikanische Kultur in Zentralmexiko bekannt für ihr handwerkliches Geschick, übernehmen die Kakaobräuche der Maya und erobern auch Mayanische Kakaoanbaugebiete.

900-1400

Die Pueblo-Kultur in den heutigen US-Staaten New Mexiko und Arizona importieren Kakaobohnen von den Tolteken.

1400-1502

Kakao Geschichte Tolteken  Schokolade Herstellung Kultivierung

Walter Baker & Co – Schokoladenherstellung in Mexiko (1904)

Die Azteken steigen zur dominanten Kultur in Mesoamerika auf und Kakao wird ein integraler Bestandteil der Aztekischen Kultur: als Getränk und als Währungsmittel. Die Azteken selbst bauten keine nennenswerten Mengen an Kakao an, da das Klima im Aztekenreich zu trocken war. Stattdessen importieren sie den Kakao von den umliegenden, tributpflichtigen Staaten, welche ihren Tribut in Kakao leisteten; besonders geschätzt war der Kakao aus Soconusco im heutigen Mexikanischem Bundesstaat Chiapas. Unter den Azteken waren vier Kakaosorten bekannt: Holzkakao, Agavenkakao, Blumenkakao und Erdkakao; wobei Erdkakao auch das Aztekische Wort für die Erdnuss ist. Bereits vor der Ankunft der Europäer hatte der kultivierte Kakao eine hohe Diversität mit verschiedenen Geschmacksprofilen und es gab enorme qualitative Unterschiede im Endprodukt, je nachdem von welchem Baum und welcher Region die Bohnen stammten. 

KAPITEL 2 – ANKUNFT DER EUROPÄER

Cortes Techochtitlan Montezuma

Die Begegnung von Montezuma und Hernán Cortés 1519 in Tenochtitlán. Künstler unbekannt.

1502

Christopher Columbus entdeckt Kakao auf seiner vierten Reise nach Amerika und beschlagnahmte eine Kanuladung voll Kakao. Jedoch wusste er nichts mit den Kakaobohnen anzufangen und brachte sie daher nicht zurück nach Europa.

1528

Hernán Cortés, welcher den Umgang mit Kakao bei den Azteken erlebt hat, lässt den Kakao nach Europa verschiffen – diesmal mit dem Wissen, dass sich die Bohnen zusammen mit Gewürzen zu einem Getränk verarbeiten lassen. Der Kakao erreicht jedoch nicht den spanischen Hof, denn diese erste Ladung geht verschollen. Erst Jahre später erreicht Kakao die Herrschaftselite Europas, wo er zunächst wenig Anklang findet.

Die Bohnen wurden zunächst nur medizinisch benutzt, da der pure Geschmack bitter war. Erst nachdem Spanische Hausfrauen in der neuen Welt übergangen sind das Getränk mit Zucker zu mischen, war es auch für Europäer massentauglich.

Zu dieser Zeit befindet sich die gesamte Kakaoproduktion in Mesoamerika, vorwiegend Soconusco, Veracruz, Chiapas, El Salvador und Nicaragua. Die Europäischen Eroberer beanspruchten die Produktion für sich und starteten eine auf Sklaverei und Menschenverschleiß basierende Ausbeutungskampagne, welche noch für Jahrhunderte Hand-in-Hand mit Kakaoproduktion gehen sollte.

Den Kakao, welchen die Europäer bei ihrem Kontakt mit den Mesoamerikanischen Kulturen kennen gelernt hatten, nannten sie Criollo. Damit waren alle Kakaovarianten des Mittelamerikas gemeint, von den verschiedenen Kakaosorten der Azteken, den Experimenten der Maya-Gärten, lokal angebauten Sorten bis zu den verwilderten Baumpopulationen – alles heißt Criollo – zu deutsch: einheimisch. Diese willkürliche Einteilung sollte noch für Jahrhunderte für ein Durcheinander in der Kakaotaxonomie sorgen, welche bis heute für Verwirrung und Fehlinformationen in der Beschreibung der Kakaosorten sorgt.

1600

Kakao wird durch die Spanier von Venezuela auf die Karibikinsel Hispaniola gebracht, mehrheitlich als Experiment, um zu sehen, ob sich auf der Insel Kakao in Plantagen anbauen lässt.

1630er

Moritz Rugendas Mercado de Negros Sklaven in Brasilien Bahia Schokolade

Moritz Rugendas – Mercado de Negros | Sklaven in Brasilien

Kakao wird bei den Europäern beliebt und „Criollo“-Kakao aus Mittelamerika wird im großen Stil nach Europa verschifft. Die Produktion kann nicht mit dem Bedarf mithalten und wegen Exportmangels aus den Hauptanbaugebieten in Guatemala und Soconusco steigen alternative Kakaoplantagengebiete auf – unteren anderen in Ecuador und Venezuela. „Criollo“-Bäume wurden dazu in die küstennahen Regionen Venezuelas verschifft, um daraus Großplantagen zu errichten. Venezuela steigt zum Hauptexporteur von Kakao nach Europa auf und baut einige lokale Criollo-Varianten an, welche allgemein nach dem Ort des Anbaus benannt sind; darunter zum Beispiel die Sorte Caracas.

Nach der Eroberung Perus und Ecuadors durch die Spanier finden die Eroberer weitreichende Wälder an Wildkakao – den sie Forastero nennen – zu deutsch Fremdling. Damit sind alle in Südamerika vorkommenden Bäume, ungeachtet deren Aussehen, Geschmack oder sonstigen Eigenschaften. Sowohl Bäume westlich und östlich der Anden, im Oberamazonasgebiet und im Unteramazonasgebiet, melonenrunde Schoten und Vorfahren der Mesoamerikanischen Bäume – alles Forastero.

Ab 1635 gab es Plantagen in ganz Guayaquil, Ecuador. Der Ecuador-Kakao war billiger und allzeit verfügbar, jedoch schlechter im Geschmack und wurde als ‚der Kakao der Armen‘ bezeichnet. Die angebauten „Forastero“-Bäume, von den wir vermuten können, dass es sich um Amelonado/Nacional-Hybride handelt, waren ergiebiger und robuster als die Mesoamerikanischen Bäume und wurden von Afrikanischen Sklaven angebaut.

Derweil wird in Brasilien in Kakaoexpeditionen nach wildem Kakao gesucht und auch weitreichend gefunden. Unternehmerische Händler und Landeigentümer, unter anderem auch religiöse Orden wie die Jesuiten oder Dominikaner wollen neue Orte für Kakaoplantagen finden – und dazu den passenden Kakao. Denn Pflanzenkrankheiten wie Hexenbesen, Schotenfäule und Schimmel machten den Criollo-Plantagen zu schaffen und man brauchte resistentere Bäume.

1655

Plantage Jamaika Kakao Schokolade Geschichte

James Hakewill – Ships at Port Royal | Jamaika

In den kommenden Jahren wird Kakao in den Karibikinseln eingeführt, denn kommerzielle Großplantagen sollen mit Sklavenarbeit Europa mit den Bohnen versorgen. Viele Europäische Königshäuser blicken mit Neid auf das Spanische Importgut und wollen eigene Kakaoplantagen, um den Bedarf der eigenen Bevölkerung zu decken. 1655 wird Kakao nach Jamaica exportiert, jedoch sterben die Bäume durch Krankheit in den 1670ern. Auf vielen Karibikinseln werden robustere und krankheitsresistente Bäume aus dem Amazonasgebiet und Südbrasilien importiert. Die robusten Forastero-Varianten waren jedoch adstringenter und bitterer als der feine Criollo; denn die Bitterstoffe und Theobromine dienen den Pflanzen als Verteidigung gegen Krankheiten und Fressfeinde. Der daraus resultierende Kakao brauchte dadurch immer größere Mengen Zucker um den Geschmack auszugleichen.

1660er-1670er

Spanische Galeonen exportieren Criollo von Acapulco, Mexiko nach Manila in den Philippinen – Kakao kommt erstmals nach Asien. Der Acapulco-Manila-Handel sollte Luxusgüter aus Asien, wie Gewürze und Porzellan im Austausch für das Silber der Amerikas umsetzen und die Handelsroute bestand von 1565 bis 1815. Kakao aus Mittelamerika durch Spanische Priester in der Region Camarines auf den Philippinen angebaut.

1680

Auf der Französischen Kolonieinsel Martinique wird Criollo kultiviert, um Frankreich mit Kakao zu versorgen. 1727 wird Criollo auch auf der Französischen Insel Guadeloupe eingeführt mit dem Ziel das Spanische Kakaomonopol zu brechen.

1727

Trinidad Schokolade Plantage Alexandre Solde Kakao Geschichte

Alexandre Soldé – Kakaoplantage in den Westindischen Inseln

Das Trinidad-Desaster: Auf der Spanischen Insel kurz vor Venezuela kommt es durch eine Krankheit oder Naturkatastrophe, die Quellen dazu sind nicht eindeutig, zu einem Großsterben des fast gesamten Criollo-bestands der gesamten Insel. Daraufhin wird in den 1750ern robuster Südamerikanischer Forastero aus der Orinoco-Region in Venezuela importiert, um die Produktion aufrecht zu erhalten. Durch natürliche Hybridisierung der neuen Forasteros mit dem Restbestand. der wilden Criollos kommt es zu einer neuen Hybrid-Sorte an Kakao mit den robusten Eigenschaften des Forasteros und den erlesenen Geschmack des Criollos – der Trinitario ist geboren. Zunächst als lokal eigenständige Sorte, wie etwa Caracas, Maracaibo oder Porto Cabello in Venezuela, wird dieser weitreichend in die Welt exportiert und wird später als „Dritte Kakaosorte“ neben Forastero und Criollo in die Geschichtsbücher eingehen.

1753

Während seiner Arbeit in der Klassifizierung der Lebewesen nennt der Schwedische Naturforscher Carl von Linné die Kakaopflanze Theobroma cacao, zu deutsch Götterspeise Kakao.

KAPITEL 3 – IN DAS HERZ DER FINSTERNIS

Sklavenhandel Sao Tome George Morland John Raphel Kopie Schokolade Afrika Kakao Geschichte

John Raphel Smith: Sklavenhandel (1791)

1822

Die Portugiesen transportieren Kakao aus ihrer Kolonie Brasilien erstmals nach Afrika auf die ebenfalls portugiesische Kolonie São Tomé. Der Kakao für diesen historischen Transport stammt ist Forastero aus der Bahia Region, welcher Comun oder Cacao Comun da Bahia genannt wird. Kakao erreicht somit erstmals belegt nach Afrika und soll die spätere Grundlage für flächendeckende Großplantagen werden.

1850

Setzlinge der São Tomé-Pflanzen werden auf die Insel Fernando Po (heute Bioko) verfrachtet. Aus diesen Setzlingen werden später ein Großteil des Afrikanischen Kakaos.

1860er

Kakao erreicht erstmals Sierra Leone. In der Hauptstadt Freetown kehren Proben des Botanischen Gartens in London ein.

Derweilen bringen Briten Kakao in ihre Kolonie nach Ceylon (heute Sri Lanka) und eröffnen die erste Plantage des Empires in Nananda.

1879

Ghana Goldküste Kakao Schokolade Geschichte

Von Fernando Po wird Kakao durch einen ghanaischen Schmuggler erstmals nach Ghanas Goldküste hin befördert und bildet die Grundlage für Ghanas Kakaoproduktion, den heute zweitgrößten Produzenten der Bohnen weltweit. Die Geschichte des Kakaoschmuggels als Grundstein der Plantagen ist eventuell jedoch nur Teil der Geschichte. Wahrscheinlich erhielt Ghana bereits zuvor Kakao; zudem wird 1887 Kakao zusätzlich durch die Royal Niger Company mit dem Zweck der Kommerzialisierung eingeführt.

1880er

Nach einem gescheiterten Versuch von 1874 Kakao in Nigeria einzuführen, nämlich auch von Fernando Po aus durch einheimische Schmuggler, wurde in en 1880ern Kakao erfolgreich in Lagos etabliert. Es wurde der Brasilianische Amelonado und Trinitario eingeführt.

1890er

Deutsche Kolonialeinwanderer bringen Kakao nach Kamerun und wahrscheinlich auch nach Tansania.

1905

Großplantagen werden in der Elfenbeinküste aufgezogen. Die Elfenküste wird in diesem Jahrhundert zum Hauptanbauland des weltweiten Kakaos aufsteigen und auch nach dem Millennium bleiben. Wie schon zuvor bei den Plantagen in der Karibik richtete sich der angebaute Kakao der Afrikanischen Großplantagen vor allem nach Ertrag und dem Überleben der Bäume, Geschmack war zweitrangig.

Kapitel 4: ‚Der moderne Kakao‘ folgt.

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